Löwe im Gras

Kangas - die stillen Botschafter

Wer in Ostafrika, besonders in Tansania und Kenia, unterwegs ist, kennt sie sicher. Die als „Kanga“ bezeichneten, farbenfrohen Tücher sind nicht zu übersehen, denn sie sind allgegenwärtig. Ganz besonders Frauen tragen ihre Kangas im Alltag, aber auch zu besonderen Anlässen. Da auf jedem Kanga ein Sinnspruch aufgedruckt ist, vertreten die Frauen, ohne darüber sprechen zu müssen, so ihre Ansichten in der Öffentlichkeit.

Kleidung sagt einiges aus über einen Menschen. Sozialer Stand, Herkunft, Religion, Beruf – vieles lässt sich an dem, was man anhat, ablesen…

In Tansania sagen die Kleider der Frauen, die traditionellen Kangas, aber noch viel mehr aus – aufgedruckte Sprüche geben Charakterzüge, Lebenseinstellung, Wünsche oder sogar politische und religiöse Überzeugungen der Trägerin preis.

Jede Kanga ist 1 x 1,50 m groß und wird als Paar verkauft. Ein „Kanga“ kostet zwischen 6.000-8.000 TSH, was ca. 2-3€ entspricht. Eine traditionelle tansanische Frau würde ihr Haus nie ohne einen Kanga verlassen, aber auch junge moderne Frauen tragen oft ein Kanga über ihrem Rock oder ihrer Hose. Getragen wird dieser dann wie ein Wickelrock um die Hüfte gebunden oder vor der Brust zusammengeknotet.

Das Tuch ist ein wirklicher Alleskönner, denn es wird nicht nur als Schmutzschutz über Röcke gebunden, sondern auch zum Kinderstillen benutzt, um Einkäufe nach Hause zu tragen oder als Handtuch nach dem Duschen.

Die ursprünglichen Kangas waren mit weißen Tupfen auf dunklem Grund versehen. Kanga ist der Swahili-Name für das weiß getupfte tansanische Perlhuhn. Die ersten Trägerinnen der Tücher wirkten wohl wie die geselligen, geschäftig umherlaufenden, getupften Hühner… Entstanden ist die Kangakultur aus den quadratischen Taschentüchern, die die portugiesischen Händler der ostafrikanischen Gesellschaft schon im 16. Jahrhundert verkauften. Ende des 19. Jahrhunderts nähten die gewieften Frauen in Sansibar die kleinen Tücher zu einem Rechteck zusammen und experimentierten immer wieder mit verschiedenen Drapierungen. Wer es sich leisten konnte, Stoffe aus dem fernen Ausland zu tragen, gewann an sozialem Ansehen. So wurde die Kanga schnell zum Statussymbol. Die Sprüche kamen Anfang des 20. Jahrhundert dazu und sind heute aus der tansanischen Kultur nicht mehr wegzudenken.

Auf den ersten Blick fallen Kangas durch die bunten Farben und die auffälligen Muster auf. Jedes Tuch scheint anders zu sein, aber es gibt drei Prinzipien, die eine Kanga zur Kanga machen:
1.    Es gibt einen auf allen vier Seiten umlaufenden Rahmen (Swahili: pindo)
2.    Es gibt ein großes zentrales Design. (Swahili: mji)
3.    Es ist ein individueller Spruch aufgedruckt. (Swahili: jina)

Liebeserklärungen können über eine Kanga ausgesprochen werden, aber auch Ratschläge für Freundinnen, Wünsche für die eigene Zukunft sowie allgemeine Lebensweisheiten. Sogar Mahnungen und Gehässigkeiten werden manchmal auf einem Kleid zur Schau getragen.

Aufgrund der fehlenden tansanischen Textilproduktion stammen die meisten Kangas aus Kenia, Indien und China und jede Woche kommen neue Modelle und Designs auf den Markt.  Auch hier gibt es regionale Vorlieben mit bestimmten Mustern und Ornamenten. Die meisten Muster und Motive stammen aus dem indischen, arabischen und afrikanischen Raum und sollen Fruchtbarkeit und Reichtum symbolisieren. Viele Kangas zu besitzen ist für ostafrikanische Frauen ein Prestigeobjekt und Sprakonto. Möglicherweise entstandene Schulden können durch den Verkauf der Stoffe beglichen werden und eine Frau möchte möglichst viele der Stoffe besitzen.

Bummeln Sie doch einmal über die afrikanischen Märkte, um in die Welt der Kangas einzutauchen!